Mittwoch, 27. Februar 2013

nichts



Ich höre die sanfte Brandung. 
Das dunkle Wasser schwappt gegen meine Seele und fließt in mich. Im Zurückweichen zieht es mich mit sich, hinab in die lichtlose Stille. Ich treibe davon, weder willens noch fähig mich zu wehren.
Mit dem Licht vergeht auch die Wärme und mit ihr weicht auch die letzte Regung aus mir. Starr blicke ich in die schwarze Leere. Um mich herum ist nichts. In meinem Innersten ist nichts. 
Nur das leise Rauschen der fernen Brandung.



Dienstag, 26. Februar 2013

Stein um Stein

Aufbauen, weitermachen. Den Schmerz in den Gelenken und schwieligen Händen ignorieren.  Einen Stein auf den anderen fügen, nach und nach. Nur die Geduld bewahren. Wichtig ist es jetzt zu verhindern, dass Salzwasser den Mörtel aufweicht, sonst ist das Fundament wertlos. Es ist so schon keine leichte Aufgabe, auf einem von Erinnerungen und Bitterkeit gesättigten Boden zu bauen, auf Land, das gerade erst der See abgerungen wurde und noch immer gelegentlich überflutet wird, wenn der Wind ungünstig steht und die kalten Fluten gegen die Küste drückt. 
Die ersten Steine sind immer die schwersten, natürlich. Große Findlinge, kaum zu bewegen, doch einmal am richtigen Platz eine verlässliche Basis für das, was hier entstehen soll. Allein, das Kreuz schmerzt von der Anstrengung und das träge Herz lässt den Blick immer wieder auf das Meer schweifen, gen Horizont, wo noch die gerade erst versunkene Sonne mit ihren letzten Strahlen das Firmament entflammt. Von ihr ist kein Licht, keine Orientierung mehr zu erwarten. 
Deswegen muss es weiter gehen, Stein um Stein, für allzu lange Pausen bleibt keine Zeit, denn die nächste Flut kommt gewiss. Bis dahin muss etwas wachsen, eine Mauer, ein Wall, letztlich ein Turm. Ein Leuchtfeuer in dunkler Nacht und stürmischer See. Stein um Stein.

Montag, 25. Februar 2013

Dornröschen

Es war einmal in einem nicht allzu fernen Land vor gar nicht allzu langer Zeit,

da lebte ein Königskind von ganz außerordentlicher Schönheit, wie sie sonst nur in Märchen zu finden ist. Auch zeichnete sich die junge Frau, zu der es nach dem viel zu frühen Tod des Königs herangewachsen war, durch einen wachen Geist und ein glockenhellen Lachen sowie einen starken Willen aus. Kurzum, die junge Prinzessin war eine Person, die so manchen Prinzen in ihren Bann zu ziehen vermochte. 

Nur genau hier beginnt das, was im Märchen wie in anderen Geschichten die schicksalshafte Fügung ist: denn der Verstand der Prinzessin war zwar wach, doch sie selbst war es kaum. Nein, die schöne Königstochter lebte selten in dieser Welt, die ihr grau und unheimlich erschien. Weit mehr Zeit verbrachte sie im Reich ihrer Träume. Dorthin entfloh sie dem Hof mit seinem strikten Protokoll und ritt frei durch die Welt – als Brigantin, als Kurtisane, als Tänzerin und als noch so vieles mehr; so viel, dass sie selbst oft kaum wusste was noch. 

Dies allein mag noch kaum schicksalsschwer erscheinen, doch wann immer die Prinzessin in diesen Träumen schwelgte und über ihr Traumreich gebot, wuchs um sie herum ein Dornenbusch. Zunächst war es nur ein Kranz um die Stirn, doch je weiter sich unsere Heldin aus dieser Welt zurückzog und je länger sie in der anderen verweilte, desto mehr wuchsen sich die stachelbewährten Ranken aus, bis eines Tages niemand mehr die Königstochter zu berühren vermochte, ohne sich an den Dornen zu stechen. Aufgrund dieses Umstandes nannte man das Schöne Kind seither Dornröschen.

Es begab sich, dass ein Prinz des Weges kam und als er zwischen den Ranken Dornröschens Lächeln erblickte, war es um ihn geschehen. Fortan wartet er sehnsüchtig jeden Moment an ihrer Seite darauf, dass sie erwachen möge um einige Zeit mit ihm zu plaudern. Nach einiger Zeit genügte beiden die Plauderei nicht mehr und um sich und seinem geliebten Dornröschen den innigen Wunsch zu erfüllen, zwängte sich der Prinz zwischen die Ranken des Dorngestrüpps, alle Kratzer und Schrammen frohen Mutes ertragend, um nur bei Dornröschen sein zu können und hin und wieder einen Kuss von ihren blutroten Lippen zu erhaschen.

Dies gelang für 475 Tage und Nächte, doch währenddessen war die Prinzessin immer wieder in Morpheus Arme geglitten und so war auch der Dornbusch weiter gewachsen. Als Dornröschen sah, wie ihr Prinz von den Dornen immer blutiger gezeichnet wurde, stand sie vor der Wahl ihr Traumreich zu verlassen um beim Prinzen zu leben, oder aber weiter in sich versunken der diesseitigen Welt zu entfliehen.

Die Entscheidung, die sie fällte, brach dem Prinzen das Herz, auf das es stärker blutete, als je durch die Stacheln, die nun endgültig wie ein Panzer Dornröschen umgaben. Ein dornenbewährter Schild, der sich jetzt noch weiter schloss und durch den für den Prinzen kein Weg mehr führte. Aber es waren nicht die zahllosen Dornen die ihm den Einlass verwehrten, sondern allein der Wunsch der Prinzessin war es, der ihn auf der anderen Seite der Hecke bannte. Sie war in eine Welt entschwunden, in die er ihr nicht folgen konnte, so sehr er sich das auch wünschte. So zog unser Prinz gebrochen in die öden Lande, wo sich seine Spuren im Staub der Zeit verloren, während Dornrösschen in ihre Träume floh.

Und wenn Sie nicht gestorben sind, dann leben Sie noch heute – irgendwie und irgendwo.


Sonntag, 24. Februar 2013

The Twilight Hours


Twilight, those few hours after one day and before the other, this small amount of moments in between tomorrow and today; not here anymore but also not quite there yet, not unlike the transition I am going through right now. 

It’s in this time in-between, when things often dawn on you. When you lie awake, unable to close your eyes in fear of what might be lurking in the dark if you do.  But among those things dwelling in the un-light behind your eyelids, realization is hiding and when you lie there and listen very closely, you might be able to tell its voice apart from all the other growls and the howling that is eating away your sleep. It’s not an easy undertaking, as often enough the insight comes along just as nightmarish as the other ghoulish thoughts. Yet it pays to find it – even trying to is deemed a worthwhile task, since despite its frequently questionable attire and often enough very uncomfortable feel, only realization is getting you further on the shadowy path that is your future.

| ich stelle mich | Franziska Steinbeiß - Lichtmalerei
(http://www.facebook.com/fslichtmalerei)

So if you are actually able to find it – or as it more often will be the case: if it finds you – don’t reject it because it scares you. Don’t ignore it because it makes your head spin and feel sick. Its light might sting your eyes at first like the new sun rising above the hilltop, but try not to shy away from the radiance. Embrace it, for it could be your only chance to illuminate a small part of the uncertain trail ahead. Maybe only a few strides, but these might be all you need to step out of the twilight into a new day. 

Freitag, 22. Februar 2013

panta rhei

Alte Geschichten fallen aus neuen Gesichtern, fallen auf den Tisch und liegen dort wie aufgebahrt, so dass sich ein jeder der Runde genötigt sieht, die fahlen Leiber mit ein paar Worten zu bedecken.
Die Erinnerung an das was war - was und wer wir einst waren - legt sich wie bei einem schlecht synchronisierten Film über das, was wir sind und verzerrt den Ton der Wirklichkeit. Aus Freunden wurden durch Zeit, Distanz und Unachtsamkeit Fremde, die nicht mehr wissen, wer ihnen da eigentlich gegenüber sitzt, unfähig Kontinuität zwischen das leicht verschwommene Bild in ihrem Kopf und den allzu klaren Menschen auf der anderen Seite des Tisches zu bringen. Aus Affektion gegenüber der Vergangenheit versucht man krampfhaft über die Tatsache hinwegzusehen, dass sich Menschen auf unterschiedlichen Pfaden nun einmal unterschiedlich entwickeln. Es steigt aber eben niemand zweimal in den gleichen Fluss und so können wir uns noch so gut daran erinnern, an welcher Untiefe wir besagte Wasser vor Jahren gemeinsam durchquerten: alles, was damals war, ist längst mit der Strömung davon getragen worden. Was bleibt sind die alten Geschichten und die Möglichkeit, in den neuen Gesichtern vielleicht wieder Freunde zu finden.