Freitag, 19. Juli 2013

Der Weisheit letzter Schluss



Eines Tages – ob nun in weiter Zukunft oder doch weit näher als uns lieb sein kann – wird von all unseren Kämpfen, unseren Bemühungen und unseren Leiden nichts mehr übrig sein und das nicht etwa, weil wir all das hinter uns gelassen hätten, sondern weil die Zeit uns zurückgelassen haben wird. Eine Welt ohne Menschen. Was auf den ersten Blick wie ein reißerische Titel für eine Pseudo-Dokumentation auf N24 klingen mag, ist in Wirklichkeit nichts anderes als die Beschreibung eines Großteils des Daseins unseres blauen Planeten. Millionen und Abermillionen von Malen hat unsere Heimat ihr Gestirn schon umrundet bevor unsere Vorfahren den aufrechten Gang erlernten und Millionen und Abermillionen von Jahren nach uns wird sie dies auch tun, wenn wir längst aufgehört haben unsere Anwesenheit in Stahl und Beton zu gießen. Wind und Regen werden auch noch die hartnäckigsten Spuren unserer Zivilisationen und Kulturen zu Staub zermalmen und fortspülen. Am längsten wird noch unser radioaktiver Müll halten, was auf eine gewisse Art passend scheint, dann damit ist Abfall unser dauerhaftestes Vermächtnis. Die Abfallprodukte einer naiven Utopie von sauberer Energie und einer besseren Zukunft werden noch strahlen, wenn alle anderen Belege unserer Existenz allenfalls noch von Archäologen nachgewiesen werden könnten. Was sagt uns das über unser Leben, über unseren Platz im großen Bild der Dinge, ja im Universum? Mir sagt es vor allem eins: ich brauch' dringend 'nen Schoko-Kuss.

Donnerstag, 13. Juni 2013

neues von Drüben

Vor meinem Fenster hängt der Regen in Bindfäden vom aschgrauen Himmel. Die Sturzbäche, die sich da auf Kiel ergießen, hatten mich am Morgen davon überzeugt, dass es vlt. besser wäre, daheim an meiner Abschlussarbeit zu schreiben, um diese ihrem hoffentlich unvermeidlichen Abschluss näher zu bringen. Doch dies hat sich inzwischen als wenig glorreiche Idee entpuppt, denn während sich draußen die erblühende Natur am Nass labt, ist auch nebenan etwas am Entstehen, wenn auch leider mit deutlich weniger Majestät. Renovierung heißt das Zauberwort, mit dem der Mietspiegel gehoben und meine Nerven strapaziert werden und Schlagbohrer und Kreissäge schreiben es kreischend und hämmernd in die Wände des (hoffentlich) bald ein bisschen weniger bezahlbaren Wohnraums, der an meine bis vor kurzem noch gemütlichen Wände grenzt.

Es lärmt und dröhnt, bis ich das Gefühl habe, die Worte die ich zu lesen versuche, tanzten im Takt des Bohrmeißels vor meinen Augen. Gerade als ich das schlimmste überstanden wähne und schon ansetzte aufzuatmen, setzt der Mann jenseits der Wand wieder sein schweres Gerät gegen den altersschwachen Putz und malträtiert diesen wie mein Gehör. Aus dem Aufatmen wird ein Seufzen. Ich frage mich, ob der Mensch auf der anderen Seite des Arbeitsschutzes wegen einen Gehörschutz trägt und ob er nicht vielleicht noch einen übrig hat, denn auch meine Arbeit könnte gerade Schutz vertragen.

Gerade ist es wieder für einen Moment still. Ich lausche gespannt in die plötzliche Lautlosigkeit, die nur vom vergleichsweise sanften Prasseln des Platzregens an den Fensterscheiben gestört wird, als das Schellen der Türklingel mich aufschreckt. Ein in Staub, Mörtel und Arbeitshose gehüllter Mann informiert mich darüber, dass man jetzt das Wasser abstelle, so für mindestens eine Stunde. „Na toll“ denke ich und sage „ok“, während ich mich mit der Hoffnung zu trösten versuche, dass Sanitärarbeiten vlt. etwas weniger Lärm erfordern – eine Hoffnung, die gemeinsam mit den ersten Fliesen zerbricht.

Montag, 29. April 2013

3 hours of sleep are enough



those grey green eyes, shining through my night

kisses and laughter – these sweet, this bright

the future, a constantly shifting might

yet surviving the new days first light

Donnerstag, 25. April 2013

To my girls

You both have been with me for such a different time and yet the both of you had such a tremendous influence on my life... And though the two of you are as different as two people could possibly be without bringing race and gender to bear, I loved each of you fiercely, with all my heart. But my love died and so did yours and vice verse. Between the two of you I learned what it means to hope- and desperately long for someone and to be despised for not being able to return feelings anymore that once came all naturally.

And for both of you I am nothing now or close enough that it makes no matter, just as your presences slowly recedes from my consciousness... but still you remain with me as you made me what I am today, whether I like that or not. You gave me much and you have taken plenty, but fairness is never truly an option where feelings are hurt. In the end we all did what we did and will have to life with the consequences, for we are not as inseparable as we all once thought to be... Why all this comes to my mind? Because I wanted to thank you for showing me so different shades of love; for letting me know hope and for teaching me to endure as well as to be cautious. Thanks to you, I will once be a better man than the one you knew. I will be me, which would not have been possible without ever loving you. Even if you will forget me, I won't ever truly forget you and your lessons. There will always be a place for each of you in the heart that you have helped to shape.

Freitag, 12. April 2013

Nichts

Alles um mich wird still und mit den Lauten der schillernden Welt verschwinden die Illusionen. Die Zerrbilder des Seins zerspringen ob der plötzlichen Eindimensionalität des Selbstbetrugs. Wie im Schreck erstarre ich für den Moment der vollkommenen Konfrontation mit mir, beraubt der schirmenden Täuscher plötzlich fähig zu erkennen. Allein, ich bin noch nicht so weit, einfach nur zu wissen, einfach nur zu sein. Das Nicht, das ich finde scheint noch so erschreckend in seiner Endlosigkeit und Endgültigkeit. Es verunsichert mich noch das unbewusste Wissen, dass, so hell ich auch zu strahlen versuchen mag, so grell ich auch um mich werfen mag mit Ideen und sie kleidenden Worten in der Hoffnung, ausgerechnet mein Licht könne entkommen, doch letztlich alle Spuren dem Vergessen anheimfallen werden, eines Tages. Das flackernde Lichtlein verlischt und wenn auch noch kurz ein Nachbild im Auge des Betrachters scheint, ein Wimpernschlag der Geschichte und nichts wird mehr übrig sein. Ich kann nicht entkommen. Nicht mir selbst und auch nicht der Zeit. Ihre mit Staub und Vergessen umhüllten Zeiger drehen sich weiter, bis sie letztlich wieder auf die große dunkle Null weisen, die den Kreis beschließt, sodass am Ende wieder alle Zeichen auf Anfang stehen.


Donnerstag, 11. April 2013

Spiegelverkehrt

Selbstreflektion ist eine wichtige Fähigkeit, solange man sich nicht im Kabinett der Spiegel verliert, soll nicht die Selbsterkenntnis in eitler Nabelschau verkümmern.

Montag, 1. April 2013

Der Weg ist kein Ziel

„Darf es noch etwas sein?“ fragt die pummelige Dame hinter dem Tresen nicht unfreundlich und ich möchte antworten „Ja, ein wenig Sorglosigkeit und wenn sie noch was da haben, auch gerne etwas Vergessen, gegen den Schmerz, sie verstehen, der Weg ist noch lang.“ Stattdessen bestelle ich lächelnd eine heiße Schokolade, denn Zucker und Sonnenschein sind in dieser Hinsicht auch nicht übel, wenn auch Balsam ein etwas hochgestochener Ausdruck wäre für die zufällige Kombination von Saccharin und Dopamin. Aber immer noch besser als auf der Straße einfach die Augen zu schließen und das Lenkrad loszulassen, endgültig stehen zu bleiben.

Also fahre ich. Die Straße erstreckt sich von Horizont zu Horizont, ein endloses graues Band mit tausend mäandernden Verästelungen, auf dem jeder irgendwohin will, ein Ziel zu haben scheint - jeder außer mir. Ich fahre nur um dem Stillstand zu entkommen, kenne kein Wohin, nur das Woher, zu dem ich nicht mehr kann. Also weiter, weiter; immer voran, rastlos von einer Raststätte zur nächsten.

Die Sonne brennt eisig vom blauen Himmel herab auf den dunklen Belag der Straße. Sie spendet noch keine Wärme sondern blendet nur. Blinzelnd blicke ich nach draußen, wo Menschen und Stahl vor oder hinter mir auftauchen, vorüber huschen und dann verschwunden sind, als hätte es sie nie gegeben. Hin und wieder am Wegrand ein Schild: Mami und Papi sind tot, also runter vom Gas. Was kümmert Tote mein Fahrstil und was kümmern mich Tote, die ich nie gekannt habe? Ich habe genug eigene Leichen im Kofferraum, ich brauche kein fremdes Elend.

Irgendwo sagt irgendjemand, der Weg sei das Ziel, aber ich weiß, dass er lügt. Er will nur nicht, dass ich zu lange bleibe, aber das will ich auch nicht, denn ich weiß ja, dass er lügt und warum sollte ich bei einem Lügner bleiben wollen? Dann lieber die Straße, lieber wieder weiter, auch wenn im Radio scheinbar nur noch traurige Stimmen aus der Vergangenheit zu hören sind. Der melancholische Singsang hüllt mich ein und die Gedanken wandern zu Menschen, deren Schmerz immer noch mein eigener ist, auch wenn weder sie noch ich das so wollen und ich weder ihnen noch mir helfen kann. Fremdes Elend, dass sich unter meine Leichen gestohlen hat.

Also fahre ich, verbrenne totes organisches Material aus dem Jura um ein Stückchen weiter zu kommen, irgendwie; immer auf der Flucht vor der hinter mit liegenden Dämmerung. Nur weiter und wenn es auch erst einmal nur zum nächsten Tresen ist, zur nächsten Lüge. Was macht das schon, solange es freundliche Fragen und heiße Schokolade gibt?

Freitag, 29. März 2013

panta rhei II

Habe ich dich je gekannt? Kann man das denn überhaupt: einen Menschen wirklich kennen? Noch vor ein paar Wochen hätte ich nicht allzu lange gezögert, die Frage mit ja zu beantworten. Doch seitdem ist viel passiert und so wie ich Zeit hatte über mich nachzudenken und teilweise überrascht war, was ich alles dabei fand, so hatte ich auch Gelegenheit mir Gedanken über dich zu machen. Nicht nur darüber, was du getan und nicht getan hast, sondern vielmehr, warum du vielleicht bei manchen Dingen gar nicht anders handeln konntest – oder eben, warum du so entschieden hast, wie du es getan hast, wenn du eine Wahl hattest. Einige Dinge ließen sich dabei noch mit dem Fundus an Wissen erklären, den ich ansammeln konnte in den Tagen, als wir noch miteinander sprachen und es zumindest so schien, als verstünde der eine  den anderen. Aber eben nicht alles. Manches war mir völlig unbegreiflich und trug dazu bei, dass mir der Abschied so schwer fiel.

Inzwischen konnte ich mir auf das meiste einen Reim machen – egal ob nun im Guten oder Schlechten. Im Nachhinein verstehe ich dich, oder wenigstens die Motivation deines Tuns, besser. Doch das ist eben nur im Nachhinein und wer weiß, was inzwischen aus dir geworden ist? Wir wechseln zwar mittlerweile wieder ab und an das ein oder andere Wort, aber dabei werfen wir einander doch im Grunde lediglich Knochen hin; sorgsam ausgewählt, darauf bedacht, dass ja kein Fleisch an ihnen sei. Reden tun wir noch lange nicht wieder miteinander und wer weiß, ob wir das jemals wieder werden; ja überhaupt wollen werden und selbst wenn, ob wir es noch könnten.

Alles fließt. Du sprunghaft durch deine eigene Welt, von einem Katarakt zum nächsten und durch mich ein träger, verschlungener Strom von Gedanken, in dem ich mich manchmal zu verlieren drohe. Jeder Meter verändert uns und hin und wieder verändern wir auch einen kleinen Abschnitt des Weges. Doch solange wir dabei nicht im selben Boot sitzen, wie könnte ich da behaupten, dich zu kennen? Wir wurden lediglich zusammengetrieben und haben für eine Weile Geschichten ausgetauscht, aber nun lenken uns Strömungen jenseits unserer Kontrolle wieder auseinander. Was bleibt, sind die Geschichten. Allein, eine Erzählung muss uns noch lange nichts über den Erzähler verraten. Vielleicht war sie frei erfunden? Vielleicht sollte sie uns etwas Bestimmtes glauben machen? Möglich aber auch, dass der Erzähler selbst sie nicht verstanden hat und nur um der schönen Worte willen wieder gab.

Es bleibt also nichts. Nichts außer Erinnerungen und Fragen und niemand, dem man sie noch stellen könnte, denn derjenige, der sie hätte beantworten können, ist längst nicht mehr; ist ein anderer Mensch, mit anderen Erinnerungen und anderen Fragen, die vielleicht auch niemand mehr beantworten kann.


Mittwoch, 27. März 2013

Der Krug


Der Krug, den du zerbrochen hast - ich werde ihn wieder flicken. Es mag mir dabei vielleicht nicht gelingen, alle Risse zu kitten, aber ganz dicht war er ja noch nie.

Dank

Habe ich mich eigentlich schon bei dir bedankt? Dafür, dass du mich hast so hoch steigen lassen wie nie, bis ich vor lauter Höhenrausch kaum noch klar denken konnte, nur um mich dann wieder hinabzustoßen, hinunter auf den harten Boden der Realität und noch tiefer; tief in die lichtlosen Abgründe meiner selbst, wo schauderhafte Gestalten nur auf meinen Sturz gewartet haben um über mich herzufallen wie ein Rudel ausgehungerter Hunde. Nein, oder? Dann lass mich jetzt die Gelegenheit ergreifen, denn Dank gebührt dir ohne Zweifel. Ich hätte mich doch nie den Dämonen in mir gestellt, hättest du sie nicht mit meinem noch schlagenden Herz in deinen blutigen Händen von ihren Ketten befreit. Sich ihrer nun zu erwehren mag nicht leicht sein, aber immerhin habe ich jetzt die Gelegenheit sie ein für alle Mal zu erschlagen, statt stetig in Furcht zu leben, sie könnten eines Tages ausbrechen.

Du hast mich zurückgeworfen auf mich selbst und mich mit mir allein gelassen. Doch nur aus dieser Einsamkeit und Verzweiflung konnte die Gewissheit erwachsen, dass auch an den tiefsten Punkt des Abgrunds noch ein Fetzen Licht dringt. Ein hartes Licht zwar, in dem aber so viele Dinge weitaus klarer und lebendiger erscheinen, als sie es je im Rausch der Höhe waren, der den Geist vernebelt hat. Erst wenn sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben, entdeckt man wieder, was in den Schatten verborgen lag, unsichtbar, so lange einem die Sonne ins Gesicht schien.

Und habe ich mich schon für den Raub meiner Hoffnungen erkenntlich gezeigt? Wie viel leichter lebt es sich, wenn nicht Erwartungen in einem fort mit einer Wirklichkeit kollidieren, die blind und taub ist für die zarten Stimmen der Hoffnung. Durch dich bin ich aus dem Traum gefallen in eine Realität, die keine Träume kennt. Was du mir gestohlen hast, kann mir nun niemand mehr nehmen und so kann ich gelassener in die Zukunft blicken, in der es für mich nichts mehr zu verlieren gibt. Ohne Glauben an ein besseres Morgen, gibt es keine enttäuschende Dämmerung.

Ich weiß jetzt mehr über mich, als ich vielleicht je wissen wollte und ich wäre sicher auch ohne diese Lektion zufrieden alt geworden. Nichtsdestotrotz danke ich dir; für diese Lehre und den kurzen Rausch davor, der dafür gesorgt hat, dass sie umso mehr schmerzte und damit umso prägender war. Ich werde nie vergessen, was du mir angetan hast; aber auch dich nicht und nie wieder mich selbst.

Dienstag, 26. März 2013

auf leisen Sohlen

Du schleichst dich noch immer ab und an auf leisen Sohlen ungebeten in meine Träume, flüsterst dort zuckrige Worte der Vergangenheit, an denen der Träumer kleben bleibt und deine substanzlosen Lippen heben vieles von dem, was ich versenkt und vergessen wähnte aus der Dunkelheit ins Zwielicht des Traums. Ich weiß, dass diese schöne Chimäre nicht du bist. Sie ist die Manifestation dessen, was ich in dir sah, was ich von dir glaubte und weit entfernt von dem, was du jetzt bist. Vielleicht sogar weit entfernt von dem, was du je warst. Ich weiß auch, dass sie nicht mit deiner Zunge spricht, sondern nur tief sitzenden Erinnerungen eine Stimme verleiht – vielleicht ja weil diese sich gegen das Vergessen wehren wollen. Wer weiß.

Meinem Verstand ist das alles in jedem wachen Moment bewusst und diese Traumgespinste, so emotional sie auch sein mögen, lassen nicht einmal mein Herz mehr so bluten wie einst. „No more tears, my heart is dry“ heißt es sehr treffend bei einem gerade ziemlich beliebten Israeli. Doch völlig unbeeindruckt lassen mich die Begegnungen mit dem Abbild meiner verlorenen Hoffnung leider auch nicht. Es ist keine Trauer mehr, aber doch Wehmut, denn das Trugbild, was du zu sein vorgibt, webt aus den Geschichten von gestern kunstvoll ein Märchen von dem, was morgen hätte sein können und die simple Schönheit dieser kurzen nächtlichen Vision, sowie die verpassten Gelegenheit auf Glück sind es, die bittersüß in meinen Morgen sickern.


Asaf Avidan & The Mojos & Shlomi Shaban - Reckoning Song

Freitag, 22. März 2013

Blei

Es gibt Tage, an denen man einfach am besten im Bett bleiben sollte, auch wenn die Sonne einen noch so sehr anlacht. Man erkennt diese Tage sehr gut daran, dass besagtes Lachen einem in den Schädel fährt wie ein heißes Messer in die sprichwörtliche Butter. Geblendet schließe ich die Augen hastig wieder in der vagen Hoffnung auf Linderung. Doch wo das Stechen vorerst weicht, springt der Magen in die sensorische Bresche und erinnert mich daran, dass man paradoxer Weise auch nach dem Erbrechen noch das Gefühl haben kann, bis zum Magenmund abgefüllt zu sein. Dabei bin ich mir ziemlich sicher, den Großteil meines gestrigen Nahrungsmittel- und Alkoholkonsums an irgendeiner Bushaltestelle zurückgelassen zu haben.

Während ich den Würgereiz mühsam unterdrücke, versuche ich aus den inkohärenten letzten Bildern des Abends zu schlussfolgern, wie ich eigentlich im Bett gelandet bin. Aber mein Kopf scheint wie die Lostrommel, die sich gerade dort dreht, wo mein Magen eigentlich sein sollte, bis zum Bersten mit flüssigem Blei gefüllt. Auf diesem treiben die Gedanken zäh dahin, ohne erkennbare Richtung oder Verbindungen. Nach einer Weile gebe ich es auf und lasse den Mysterien vom stehen gebliebenen Bus und dem Erscheinen eines Taxis aus dem Nichts ihren nebulösen Zauber. Man muss ja auch nicht alles wissen.

Eins weiß ich aber leider nur zu gut: ich muss los zur Arbeit. Verdammt, auch das noch. Vielleicht doch lieber krank melden? Die Aussicht auf 8 Stunden in meiner momentanen Verfassung am Schreibtisch weckt nicht gerade Begeisterung. Letztlich siegt dann aber doch das Pflichtgefühl über den Schlendrian, nicht zuletzt da der Umstand, dass Kollegen an meiner aktuellen Topform nicht gänzlich unbeteiligt waren, eine plötzliche Erkrankung als recht durchsichtige Ausrede erscheinen lässt. Also hieve ich die bleischweren Knochen vorsichtig aus dem Bett, bedacht auf kleine Schritte um das Phänomen, welches in der Nautik als Rollen bezeichnet wird, möglichst zu begrenzen. Seekrank bin ich, wie mir scheint, schon genug.

Zum Glück ist es mit dem Duschen wie mit dem Fahrradfahren: einmal erlernt, schafft man es in fast jedem Zustand noch ans Ziel zu kommen, auch wenn die Haltungsnoten heute sicher kein Publikum vom Hocker gerissen hätten. Was zählt ist ja aber das Ergebnis und mit leidlich renovierter Visage lässt sich dem Tag und den Menschen darin doch viel leichter geistige Anwesenheit vorgaukeln.

Der Weg zum Bus gerät zum ersten Höhepunkt des Tages: zur Abwechslung mal kein Schnee sondern zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit wieder Sonne und ein so strahlend blauer Himmel, dass selbst der flauste Magen nicht verhindern kann, dass sich ein feines Lächeln auf meine Züge stiehlt. Ich bin beinahe versucht den Schnee zu übersehen und das mit dem Frühlingsanfang für bare Münze zu nehmen. Die kleinen Dinge und so. Die gute Laune hält jedoch nur bis zum ersten Versuch, auf der Arbeit produktiv zu sein, was zunächst ähnlich gut gelingen will wie die Rekonstruktion meiner nächtlichen Heimkehr. Schwermetall statt Lösungen im Kopf und die Minuten rinnen zäh dahin wie langsam erkaltende Schlacke. 
 
Und dann spreche ich auch noch seit Langem zum ersten Mal wieder mit dir und ich bin mir nicht sicher, ob es an meiner fragwürdigen Tagesform liegt oder andere Gründe hat, aber ich habe fast das Gefühl die Worte einer Fremden zu lesen. Ich glaube auch dir ergeht es ähnlich und du weißt selbst nicht so recht, was du noch mit mir anfangen sollst. Sicherlich kein weiterer Höhepunkt, wenn auch weit entfernt von einem Tiefpunkt. Einfach nur ein merkwürdiges Gefühl an einem Tag, der, wenn man ihn beschissen nannte, wohl nur mit den Schultern zucken und zur Antwort geben würde: „Selbst schuld, was bist du auch nicht einfach im Bett geblieben?“

Dienstag, 12. März 2013

endings

All stories end, eventually. Winter is a good time for such endings, as they might say that grass has to grow over things before they can get better, but how is grass supposed to grow on a still beating heart? No, winter is a good time. You open up to the frost despite its sharp bite, as soon numbness will befall your body so that you won’t feel the passing of things you never even dared to think of living without. But like a mongrel on three legs you stumble on, unstable at first and certainly tottering. Yet you carry on somehow and with the exercise, life returns into your remaining limbs, little by little until one day far ahead on the road you might actually be able to hear again a faint pulse in that closed chest of yours; long forgotten under moss and grass which have been growing silently all this time. Yes, all things and stories come to an end one day and no such ending is ever a welcome one. But there are a great many things out there, ever a tale to tell. It might not be ours anymore, yet it sure is worth living.

Since google translate sucks:
Alle Geschichten enden irgendwann. Der Winter ist dazu eine gute Zeit, denn man sagt zwar, das Gras über Dinge wachsen müsse, bevor etwas besser werden könne, aber wie soll auf einem noch schlagenden Herzen Gras wachsen? Nein, der Winter ist eine gute Zeit. Du öffnest dich dem Frost, auch wenn er am Anfang noch beißt. Doch Taubheit setzt irgendwann ein und du spürt nicht, wie nach und nach Dinge absterben, ohne die zu leben du dir nicht vorstellen mochtest. Aber wie ein Hund auf drei Beinen humpelst du weiter. Am Anfang sicher noch ungeschickt und Stürze bleiben nicht aus. Aber du gehst weiter, es geht weiter, irgendwie und mit der Bewegung kommt nach und nach wieder Leben in deine verbliebenen Glieder, bis eines Tages vielleicht sogar wieder ein leises Pochen in deiner Brust zu vernehmen ist, lange vergessen unter Moos und Gras, die in aller Stille gewachsen sind. Ja, alle Dinge und Geschichten enden, irgendwann und kein solches Ende ist je willkommen, aber es gibt dort draußen noch so viel zu erzählen. Es mag nicht mehr unsere Geschichte sein, aber sie ist es sicher wehrt, gelebt zu werden.