Samstag, 2. März 2013

Pferdefleisch in der Milch


Gerade war es noch die unlauter etikettierte Fertiglasagne, die die Gemüter erregte, weil Pferd als Rind verkauft wurde. Als wäre nicht schon die Bezeichnung Lasagne ein Betrug am Kunden – oder will mir jemand ernsthaft erzählen, dass das, was da aus dem Tiefkühlfach über die Mikrowelle durch den Magen wieder in die Umwelt gelangt, habe tatsächlich etwas mit einer Lasagne pasticciate zu tun gehabt? Da könnte man auch gleich behaupten Lothar Matthäus sei ein hervorragender Gärtner, da er einen erheblichen Teil seines Lebens auf einem gepflegten Rasen zugebracht hat. Und was ist überhaupt so schlimm am Pferd in der Lasagne? Was macht das eine tote Tier besser als das andere? Oh, die Wahl des Verbrauchers, natürlich. Der arme konnte sich ja wiedermal nicht wehren. Buhu. Weil er bei dem Preis ja auch ein hochqualitatives Produkt erwarten konnte. Lächerlich. Der Verbraucher will doch belogen werden. Er will die ganzen unbequemen Wahrheiten über das, was ihn ernährt, doch gar nicht wissen – denn das könnte er längst. Es ist nicht gerade Geheimwissen, wie Küken vergast und geschreddert werden und dass wir für all die Burger auf dieser Welt gar keinen Platz hätten, sollten sie alle von glücklichen Kühen kommen, dass kann sich auch der größte Realitätsmuffel noch recht leicht vorstellen. Nur er will es eben nicht. Er will sich vollstopfen mit möglichst billigem Müll und wenn er schon Abfall frisst, was schert es ihn dann, wenn das Lebewesen, dass man dazu verhackstückt hat, schon zu Lebzeiten wie Dreck behandelt worden ist?

Interessiert niemanden. Aber um ganz sicherzugehen wird der nächste Skandal ausgepackt. Jetzt ist die Milch durch Futtermais vergiftet. Jetzt müssen die deutschen Milchbauern die Milch eventuell mit ernster Miene vernichten, anstatt ihr subventioniertes Produkt wutentbrannt in irgendwelche Gullys zu kippen, weil der Preis mit dem erdrückenden Überangebot nicht mithalten kann. Und bald ist es dann wieder Geflügel. Irgendein Erreger öffentlicher Hysterie wird sich schon finden. Nur immer schön laut pfeifen, während man durch den dunklen Wald geht. Dabei haben wir längst keinen Wolf mehr zu fürchten – außer man glaubt der Mecklenburger CDU, die - wohl aus Futterneid - eine gerade erst wieder angesiedelte Tierart zum Abschuss freigeben will, da der „Schutz von Nutztieren“ Priorität besitzt. Als wenn es für das Lamm einen Unterschied macht, ob es vom Wolf gerissen oder vom Schlachter zerstückelt wird. Und wer schützt die 20 000 „Nutztiere“, die allein bei Tönnis jeden Tag nach 10 Monaten auf engstem Raum ihr Leben lassen für Schnitzel, Burger und Mett? Im niedersächsischen Jagdgesetzt heißt es, das die „Jagd und Hege […] so durchzuführen [sind], dass die biologische Vielfalt und ein artenreicher und gesunder Wildbestand […] erhalten bleiben.“ Doch wer gibt dann uns zum Abschuss frei?

Wir regen uns auf über Pferdefleisch, Gammelfleisch, BSE, Ehec, Dioxin und Biohühner, die keine sind, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass all dies Symptome einer einzigen Krankheit sind: unserer Gier und Maßlosigkeit, mit der wir alles verschlingen, vom Kaninchen bis zur Zukunft unserer Kinder.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen